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Gigaherz.ch 94. Rundbrief Seite 6
 Schielende Mobilfunkantennen
und langsame Berner Behörden
Bei Allem was gegen Mobilfunk spricht, stellen sich Berner Behörden gerne besonders begriffsstutzig. So auch bei schielenden Antennen, sprich Antennen mit Seitensteuerung.
von André Masson, Langenthal, 13. Dezember 2015
Neue Mobilfunk-Technologien halten sich nicht an eine veraltete Gesetzgebung. Die Entwicklung fin- det weltweit ungebremst statt – bei uns sucht man Beruhigungspillen dafür, dass gebaut werden darf, was nach den Gesetzen nicht erlaubt ist.
Das neue Stichwort bei LTE heisst „Seitensteue- rung“ oder „Beamforming“
Die Sendeantenne strahlt dabei in der Richtung nicht mehr fest wie bisher, sondern variabel: elek- tronisch werden die Gesprächsteilnehmer blitz- schnell verfolgt, um sie jederzeit mit einem stär- keren Signal zu bedienen. Da kommt das bisherige Verfahren mit dem alten Standortdatenblatt nicht mehr mit. Auch die Konsequenzen für die Abnah- memessung stehen noch in den Sternen, wenn der Hauptstrahl seitlich herumtanzt.
In Langenthal plant SUNRISE/HUAWEI eine Anlage am Hinterbergweg 8A, die mit neuartigen Anten- nen bestückt wird. Es gibt pro Sektor zwei bisherige Antennensysteme, nebeneinander in einem ein- zigen, breiteren Gehäuse montiert (Antennentyp K80010826). Durch zeitliche Verzögerung des einen Signals kann der Gesamtstrahl seitlich abgelenkt werden, wie es bei Radarschirmen schon lange üb- lich ist.
Auszug aus der Werbebroschüre von HUAWEI. Die Anten- nendiagramme je zweier, unmittelbar nebeneinanderlie- genden Antennen im selben Gehäuse für die Seitensteu- erung
Hält der seitlich herumtanzende Strahl die Grenz- werte überall ein?
Bei „schielender Antenne“ muss man in weiteren Wohnungen prüfen, ob die gesetzlichen Limiten eingehalten werden oder nicht. Das hat SUNRISE/ HUAWEI in Langenthal nicht gemacht, man rechnet seelenruhig wie bisher mit einem einzigen Strahl „geradeaus“. Bald ist eine Wohnung gefunden, wo bei 30° Ablenkung die Grenzwerte klar überschrit- ten werden (5.31 V/m). Mit Rechnung und Resultat wurde das in der allerersten Einsprache gerügt, aber es ist auf taube Ohren gestossen. Die Behör- den haben diese Rechnung zwar nie bestritten, aber auch nie akzeptiert – denn sonst könnte man ja die Antenne nicht bauen, oder?
Einsprache, Beschwerde, wie üblich.
Die Kantonale Fachstelle BECO ist sich zu Beginn noch sicher: „Eine Seitensteuerung ist nicht mög- lich“, was leider falsch ist – und viele Juristen auf Trab bringt. Das BECO muss ja nichts bezahlen. Die Stadt Langenthal stützt sich auf das BECO und er- teilt die Baubewilligung. Der Kanton (Baudirektion, BVED) fragt zum Glück beim Bund nach, und das BAFU bestätigt ohne weiteres, dass eine Seiten- steuerung mit diesen Antennen möglich wird, was im bisherigen Rechenverfahren nicht vorgesehen ist. Leider schweigt sich das BAFU über die Messung aus, denn das bisherige Prinzip der Abnahmemes- sung klappt auch nicht mehr. Das BECO gibt jetzt kleinlaut zu: „Die Seitensteuerung ist verboten“. Was jetzt?
Rettende Idee des HUAWEI-Juristen, damit das nicht noch in die Baubewilligung kommt: Wir ha- ben ja die elektronische Ausrüstung noch gar nicht! Das wird behauptet, obgleich HUAWEI im Internet selber sagt, sie würden das bereits machen (**). Einwand der Einsprecher: Eine elektronische Aus- rüstung darf jederzeit gekauft und ausgewechselt werden, ohne Meldung an die Behörden, ohne neu- es Verfahren. Im Urteil des BVED liest man (ohne Würdigung dieses Einwandes): SUNRISE/HUAWEI hat ja die Ausrüstung noch gar nicht – also gibt es keine Seitensteuerung. Die Antenne wird bewilligt. Es steht nicht einmal im Urteil, dass die Seiten-
 



















































































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