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Gigaherz.ch
102. Rundbrief
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 Auto freigesprochen – Fahrer verurteilt
Mit Tempo 100 auf der Überholspur Whatsapp-Nachrichten geschrieben und das Fahren dem Autopiloten überlassen.
Zu einem ersten wegweisenden Urteil kam es deshalb am
30. November 2017 am Regionalgericht Emmental-Oberaargau.
von Hans-U. Jakob, Gigaherz.ch,
Der Einzelrichter kam zum Schluss, modernste, be- eindruckende Elektronik heutiger Luxuskarossen mit Geschwindigkeitsregler, Autopilot und automa- tischem Bremssystem vermöge den Fahrer wohl zu entlasten. Die Verantwortung sich im Strassen- verkehr korrekt zu verhalten, liege trotzdem und in jedem Fall beim Fahrzeuglenker und bei niemand oder nichts anderem. Der Mann oder die Frau am Steuer müsse jederzeit in der Lage sein, unverzüg- lich und verzögerungsfrei auf das Fahrverhalten des Autos Einfluss zu nehmen, das heisst, dieses zu be- herrschen.
Art.31 des Strassenverkehrsgesetzes lautet: Der Fahrer oder die Fahrerin muss das Fahrzeug stän- dig so beherrschen, dass er oder sie ihrer Vorsichts- pflicht jederzeit nachkommen kann.
Mit Tempo 100 auf der Überholspur Whatsapp- Nachrichten geschrieben und das Fahren dem Au- topiloten überlassen.
So verhielt sich ein 36-jähriger Freiburger auf der Autobahn bei Kernenried. Dabei bemerkte weder er noch der Autopilot, dass eine Fahrbahnveren- gung links signalisiert war, und alle Fahrzeuge von der Überholspur sukzessive in die Normalspur nach rechts einfädelten.
So krachte denn der selbstfahrende Tesla S in ein Si- gnalisationsfahrzeug, einen sogenannten Prellbock, des Berner Autobahnwerkhofes, dessen Mitarbei-
Schwarzenburg, 7. Dezember 2017
ter mit Arbeiten an der Mittelleitplanke beschäftigt waren. Verletzt wurde niemand. Über den Sach- schaden ist nichts bekannt, dieser dürfte beträcht- lich gewesen sein.
Der Unfallfahrer wollte zwar noch dem vor ihm fahrenden Fahrzeuglenker die Schuld geben. Die- ser habe zu spät und abrupt auf die rechte Spur gewechselt, so dass sein Autopilot nichts von dem auftauchenden Hindernis gemerkt habe.
Augenzeugen verneinten dies. Alle vorausfahren- den Fahrzeuge seien längst rechts eingespurt gewe- sen, als die Luxuskarosse in den Prellbock krachte.
An jenem Märztag vor anderthalb Jahren sei auf der Autobahn A1 «aus grobfahrlässiger Unaufmerk- samkeit» etwas passiert, was der Fahrer nicht ge- wollt habe, entschied das Gericht. Die Schuld an dem Unfall dem Auto zu geben sei falsch.
Der 36-jährige Freiburger wurde zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen à Fr. 330 verurteilt. 5 Tagessätze muss er sofort bezahlen, die restlichen 20 wurden ihm bedingt erlassen, falls sich sein Autopilot wäh- rend den nächsten Jahren korrekt verhält. Darauf sollte er es wahrlich nicht ankommen lassen und besser wieder selber fahren, sonst wird’s dann mit Fr. 6600.- richtig teuer.
Das Urteil kann noch angefochten werden, ist also noch nicht rechtskräftig.
Quelle: Berner Zeitung vom 1. Dezember 2017
Bild links: Äusserste Vorsicht ist geboten, wenn Sie einem solchen Fahrzeug begegnen. Da sitzt mög- licherweise nicht einmal mehr ein Idiot am Steuer.
 












































































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