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Gigaherz.ch 101. Rundbrief Seite 7
 Wie kommen die Autoren unter Dr. Dürrenberger zum Schluss, dass ihre Literaturanalyse keine gros‐ sen gesundheitlichen Risiken identifiziert habe? Noch im Jahre 2008 ist von Hoffmann das 3‐fache Risiko und im Jahre 2010 von Malagoli und Kroll je das 2‐fache Risiko für Kinderleukämie gefunden worden. Spitzenreiter bleibt nach wie vor Feychting 1993 mit dem 4.44‐fachen Risiko. Da bleibt trotz Zuhilfenahme aller Verharmloser noch ein Schnitt von einem 1.8‐fachen Risiko. Man muss den Auto‐ ren schon die Frage stellen: Für wie blöd haltet ihr eigentlich die Anwohner von Hochspannungsleitun‐ gen?
Den Vogel abgeschossen mit ihrem Kommentar auf Seite 40 haben die Autoren unter Dr. Gregor Dür‐ renberger, das Risiko für zusätzliche Leukämiefälle auf Grund von Hochspannungs‐Freileitungen sei in der Schweiz mit 1‐2 Fällen auf insgesamt 60 Neuer‐ krankungen pro Jahr, vergleichsweise klein. Dies in der Annahme, dass nur wenige Kinder Magnetfel‐ dern von über 0.4Mirotesla exponiert seien. Eben diese Annahme, dass nur 1‐2 Neuerkrankungen pro Jahr auf Expositionen von >4.4μT, das heisst auf die Nähe einer Hochspannungs‐Freileitung zurück‐ zuführen seien, ist völlig aus der Luft gegriffen. Es könnten ebenso gut 20, 40 oder sogar alle Fälle ge‐ wesen sein, denn das Schweizerische Höchstspan‐ nungsnetz ist 7000km lang!
Einfach nur kriminell
Selbst wenn die Schätzung mit 1‐2 toten Kindern pro Jahr zutreffen würde, wäre das Akzeptieren diese Zahl als kriminell zu bezeichnen. Ich entsinne mich noch mit Schaudern an mein schwierigstes, je in meinem Leben geführte Telefongespräch vor ca. 10 Jahren, als ein Familienvater weinend anrief, man habe ihm soeben seine 14‐jährige, an Leukämie lei‐ dende Tochter zum Sterben nach Hause gebracht. Er wohne 30m neben einer Höchstspannungslei‐ tung, was er jetzt noch tun könne. Nun, Herr Dür‐ renberger, was sagen Sie einem solchen Vater? 1‐2 tote Kinder pro Jahr, das ist doch kein Problem grös‐ seren Ausmasses. Oder was?
Der sozialökonomische Status SES
Eine interessante Feststellung, weshalb neuere Studien, so ab 2010, oft ein kleineres oder gar kein Risiko mehr für Kinderleukämie finden, steht auf Seite 36 und ist mit SES, sozialökonomischer Status, betitelt. Es wurde dem Phänomen nachgegangen, weshalb die Wiederholung älterer Studien plötzlich ein kleineres oder gar kein Risiko mehr aufwiesen.
Und siehe da, die gut verdienenden Eltern sind von den Hochspannungsleitungen weggezogen und ha‐ ben ärmeren Platz gemacht. Kinder ärmerer oder verarmten Familien sollen infolge häufigeren Infek‐ tionen über ein besser ausgebildetes Immunsystem verfügen, als die gut behüteten der Reichen, die mit jedem Wehweh gleich zum Doktor rennen. Ein stär‐ keres Immunsystem heisst automatisch weniger Leukämiefälle.
Andere Krebsarten
Bei anderen Krebsarten kommen die Autoren unter Gregor Dürrenberger zum Schluss, dass die Studien‐ lage uneinheitlich sei, aber so, dass immerhin von einem Verdacht gesprochen werden müsse (Seite 46). Nun, wenn ein finanziell völlig von der Elektrizi‐ tätswirtschaft abhängiges Gremium von einem Ver‐ dacht spricht, müssen wir zwangsläufig annehmen, dass die Situation in der Realität draussen wesent‐ lich schlimmer ist. Besonders deshalb, weil uns hier keine Grafik präsentiert wird.
Hirntumore
Fand Tomenius 1986 noch ein um das 5‐fache er‐ höhte Hirntumorrisiko bereits ab 0.3Mikrotesla, sind im vorliegenden Monitorung von Dürrenberger und Kollegen die Hirntumore gänzlich aus den Rän‐ gen gefallen. Das verwundert den Kenner der Szene gar nicht. Denn mit der ungebremsten Ausbreitung des Mobilfunks – es gibt auf der Erde unterdessen mehr Handys als Menschen – sind die Hirntumor‐ raten auch weit ausserhalb dem Einfluss von Hoch‐ spannungs‐Freileitungen sprunghaft angestiegen. So dass die Vergleichsgruppen ohne Hochspan‐ nungsleitungen heute gleich hohe oder sogar noch höhere Hirntumorraten aufweisen1,2. Rein gefühls‐ mässig kann man feststellen, dass heute in Schwei‐ zer Spitälern schon bald mehr Hirntumoroperatio‐ nen als Blinddarmoperationen ausgeführt werden. Zahlen dazu liegen uns keine vor. Aber wer kennt unter seinen Verwandten oder Bekannten nicht ein oder gleich mehrere Hirntumorfälle. Das war vor 30 Jahren noch nicht so. Damals musste man diese noch in ganz Europa zusammensuchen.
Neuer Verdacht unter Hochspannungs‐Freileitun‐ gen: Alzheimer
Neu wurden von Dürrenberger und Kollegen auch neurodegenerative Erkrankungen, vorab beruflich bedingte Alzheimer‐Erkrankungen untersucht.
1 www.gigaherz.ch/hardell‐bericht/
2 www.gigaherz.ch/neue‐forschungsberichte‐bestaetigen‐den‐
anstieg‐des‐hirntumorrisikos‐durch‐mobilfunkstrahlung/
 

















































































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