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Gigaherz.ch 101. Rundbrief Seite 18
 Augenschein abgelehnt werde, sind ebenso man‐ nigfaltig wie lächerlich.
Den Vogel abgeschossen hat aber kürzlich das Ver‐ waltungsgericht Nidwalden
Ein Augenschein beim Amt für Umwelt sei nicht möglich, weil die strittige Antenne noch gar nicht gebaut sei.
Man(n) tut so, als ob man eine solche Funktionskon‐ trolle nicht auch bei einigen der 18’000 Antennen‐ Anlagen machen könnte, die schon im Betrieb sind. Die Frage sei erlaubt: Seid ihr auf dem Verwaltungs‐ gericht Nidwalden so blöd oder stellt ihr euch ab‐ sichtlich dumm? 1,2
2. Akt: Zur Messunsicherheit
Irgendeinmal vor langer Zeit hat das Bundesge‐ richt entschieden, dass spätestens 3 Monate nach Inbetriebnahme einer Mobilfunk‐Antennenanlage bei allen Orten empfindlicher Nutzung (OMEN) bei welchen ein Strahlungswert von über 80% des er‐ laubten Grenzwertes vorausberechnet wurde, eine Abnahmemessung durch ein sogenannt akkredi‐ tiertes Messinstitut vorzunehmen sei. Das Dumme an der Sache ist nur, dass die Mobilfunkbetreiber jeweils an den am nächsten bei der Antenne liegen‐ den OMEN die Grenzwerte bis auf 99% ausreizen. Das heisst, bei dem heute am meisten vorkommen‐ den Grenzwert von 5Volt pro Meter (V/m) bis auf 4.95V/m.
Nun verlangen heute die meisten Einsprechenden eine mathematische, nicht eine juristische Erklä‐ rung dafür, wie das gehen soll, wenn die sogenannt akkreditierten Messinstitute immer noch mit Mes‐ seinrichtungen auffahren, die Unsicherheiten bis zu ±45% aufweisen dürfen. Das heisst dann, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% die Strahlung am kritischen OMEN irgendwo zwischen 2.7 und 7.2V/m liegt. Das muss man doch in einem Staat, der für seine Präzisionsindutrie weltbekannt ist, ein‐ fach nicht mehr hinnehmen.
Aber auch hier weiss sich das Verwaltungsgericht Nidwalden mit einer humoristischen Einlage her‐ auszuwinden
Weil die Messgenauigkeit bei Abnahmemessungen von plus/minus 45% immer noch dem Stand der Technik entspreche, sei die Messung selbst bei Pro‐ gnosen von 1% unter dem Grenzwert immer noch genau genug. Ein mathematischer Nachweis sei
1 www.gigaherz.ch/sie‐luegen‐bis‐zum‐bitteren‐ende/ 2 www.gigaherz.ch/57‐out‐of‐limits/
nicht nötig, weil dieser gar nicht erbracht werden könne. Punkt.
Zur Ehrenrettung des Verwaltungsgericht sei gesagt, dass man die Lachnummer betreffend dem Stand der Technik nicht selbst erfunden, sondern dem Bundesinstitut für Metrologie und Akkreditierung (METAS) abgeschrieben hat. Die behaupten doch dort immer noch allen Ernstes, eine Messgenauig‐ keit von ±45% sei auch heute noch Stand der Tech‐ nik. Vielleicht sollte man diese Amtsinhaber einmal wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht stellen3.
3. Akt: Zu den Antennen-Diagrammen
Antennen‐Diagramme sind der Schlüssel für jede Strahlungsprognose an den OMEN. Ohne diese geht gar nichts.
Bild oben: Original‐Antennendiagramm einer Kathrein‐ Antenne vom Typ 742270 bei einer Frequenz von 2140Mhz (UMTS oder 3G). Blaue Linie: Horizontaldiagramm (von oben gesehen). Rote Linie: Vertikaldiagramm (von der Sei‐ te gesehen) hier bei einem Einstellwinkel (Tilt) von ‐8°. Bei jedem andern Einstellwinkel ändern sich die Nebenkeulen sehr stark.
Nun haben die Mobilfunkbetreiber angefangen, den Berechnungsblättern in den Bauakten nicht mehr die Original‐Diagramme der Antennenher‐ steller zu Grunde zu legen, sondern sebstgebastel‐ te. Mit selbstgebastelten, die weder exakt der vor‐ gesehenen Funkfrequenz noch dem vorgesehenen Einstellwinkel entsprechen. Das heisst, man legt den Berechnungen sogenannte Hüllkurven zu Grun‐ de, welche angeblich gleich sämtliche Mobilfunk‐ Frequenzen umfassen sollen.
Gigaherz hat in einem Bundesgerichtsfall (Murten)
3 www.gigaherz.ch/weiterhin‐wahrsagen‐und‐kaffeesatzlesen‐ bei‐abnahmemessungen‐an‐mobilfunk‐basisstationen/
   















































































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