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Gigaherz.ch 96. Rundbrief Seite 5
 Träumende Ministerin
Die Fachleute der Verwaltung haben der Ministerin nicht gesagt, dass gar nicht möglich ist, was sie da lauthals fordert.
von André Masson, 24. April 2016
Doris Leuthard, unsere Verkehrs- und Kommunika- tions-Ministerin, hat sich öffentlich geärgert über die schlechten Funk-Verbindungen in den Zügen. Sie kanzelte in einer Standpauke die Bahn und auch die Mobilfunkbetreiber ab – das müsse jetzt endlich ein Ende haben!1
Werdet wie die Kinder!
Fordert nur, was ihr wollt – jetzt und sofort wol- len wir alles haben, was uns nützt. Die schlechten Verbindungen kommen ja nicht zustande wegen fehlender Antennen. Da sind noch so Kleinigkeiten wie „immer mehr Datendurch-
Frau Leuthard – sehen Sie das Problem?
Das Problem sind die Nutzer, die völlig gedankenlos die Kanäle verstopfen. Genau die Nutzer haben Sie weggelassen – Sie hoffen nur auf den technischen Ausbau. Aber: weder der Autoverkehr noch der Da- tenverkehr können ewig und schrankenlos zuneh- men: Das sollten Sie unterdessen erkannt haben. Kindliche Forderungen tönen zwar gut, erhöhen die Popularität und Ihren politischen Marktwert, aber mehr wirklich nicht. Carsten Schloter hat’s erkannt, glauben Sie ihm! Mit seinen eigenen Worten, Cars- ten Schloter: „Mit den aktuellen Technologien lässt
satz“, zunehmendes Verkehrs- volumen, verheerende Tarifge- staltung (Flat Rate, es kostet ja nichts mehr, andauernd online zu bleiben), immer mehr und ausgefallenere Anwendungen, die sich dann selber aufdatieren müssen, usw.
Verstopfte Datenleitungen? Sorgen Sie dafür, dass jede Datenübertragung und jede Sekunde Online etwas kostet - das wirkt sofort.
sich das Problem nicht lösen. Es braucht einen komplett neuen Ansatz.“
Wenn Sie weniger verstopfte Leitungen wollen, so sorgen Sie bitte dafür, dass jede Da- tenübertragung und jede Se- kunde Online wirklich etwas kostet. Das wirkt sofort – aber das hören die Viel-Spieler und Dauer-Töggeler und Facebook- Süchtigen dann gar nicht gern.
Kein Wort von alledem. Die
Fachleute der Verwaltung haben
der Ministerin nicht gesagt, dass
gar nicht möglich ist, was sie
lauthals fordert. Ein anderer hat das Problem sehr klar benannt: der frühere Swisscom-Chef Carsten Schloter. Er wird die Verhältnisse ja wohl überbli- cken können. Kurz vor seinem Tode hat er in einem zweiseitigen Interview mit Zahlen erklärt, was Sa- che ist: Man benötigte für einen gefüllten Schnell- zug „eine Bandbreite von mindestens 1 GBit pro Se- kunde. Die maximale Bandbreite, wie wir dank der 4. Mobilfunkgeneration LTE anbieten können, beträgt aber bloss 100 MBit pro Sekunde. Also zehnmal we- niger. Würden wir nun entlang aller Bahnlinien das Netz auf LTE aufrüsten, würde das etwa drei Jahre dauern. Das Resultat wäre eine um den Faktor 2.5 höhere Geschwindigkeit als heute. Gleichzeitig wird aber der Datenverkehr im gleichen Zeitraum um den Faktor 30 zunehmen.“ Abdruck des Interviews mit Jon Mettler: Berner Zeitung, 19.3.2013, p. 12/13
1 www.tagesanzeiger.ch/schweiz/sta ... y/25019774
Ein knappes Gut wird teurer, das wäre doch ganz normal ? Sie verlieren nur Zeit, wenn Sie sich nicht an die Realitäten halten! Und dass Elektro-Empfind- liche nicht mehr Bahn fahren können – hat sich das in Ihrem Departement schon herumgesprochen ?
 














































































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