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Gigaherz.ch 95. Rundbrief Seite 13
 senschaftliche Exponent der Elektrizitäts- und Mobilfunkkonzerne. Der ICNIRP-Grenzwert für hochfrequente Strahlung schützt ausschliesslich vor Schäden infolge einer während 6 Minuten verursachten übermässigen Körpererwärmung – im Prinzip wie im Mikrowellenofen. Bloss sind wir im Alltag nie einer so starken Strahlung aus- gesetzt, dass sie unseren Körper auch nur ein bisschen erwärmen könnte. Diese rein thermisch begründeten, hohen Grenzwerte schützen nicht die Bevölkerung, sondern die Industrie. – Um ihre Grenzwerte zu rechtfertigen, ignorierte die ICNIRP wichtige Studien, welche Effekte bei viel schwä- cherer Strahlung zeigten. Sie scheute auch nicht davor zurück, Studienresultate durch Falschdar- stellung und Uminterpretation zurecht zu biegen. Ergebnis waren die erwähnten ICNIRP-Grenzwert- vorschläge von 1998.
Gemessen wird der Mittelwert statt
der biologisch relevante Spitzenwert
Das thermische Dogma der ICNIRP hat Konsequen- zen für die Messung der Strahlung. Da die Erwär- mung von der Strahlungsdosis – das ist die vom Körper aufgenommene Strahlungsenergiemenge – abhängt, misst man den Mittelwert der im Zeit- verlauf schwankenden und oszillierenden Strah- lung.
Im Alltag kommen aber praktisch nur nichtther- mische Wirkungen viel schwächerer Strahlung auf den Körper vor. Seit den Dreissigerjahren des vo- rigen Jahrhunderts wurden sie erforscht und do- kumentiert. Das sind die Wirkungen, vor denen wir geschützt werden müssen. Für solche nicht- thermischen Auswirkungen sind aus biologischen Gründen die Spitzenwerte massgebend. Dass die- se offiziell nicht gemessen werden, ist der erste, grundlegende Faktor der Tatsachenverschleie- rung.
WLAN-Strahlung vernachlässigbar?
Röösli sagt, die Strahlung der WLAN-Access-Points (Router) habe einen Anteil von nur 0,5 Prozent der Ganzkörper-Bestrahlungsdosis und 0,1 Prozent der Kopfdosis. Dann wären also die WLAN-Probleme Hunderttausender allein in der Schweiz bloss ein- gebildet? – Gewiss nicht. Denn die WLAN-Strah- lung ist in Wirklichkeit um Grössenordnungen stärker, als Rööslis Zahlen vermuten lassen:
• Im Zeitungsinterview vergleicht er die Strahlung infolge Handy- und Schnurlostelefonbenutzung
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nur mit der Strahlung von WLAN Access Points (Routern; Modems) und erhält so die genann- ten 0,5 bzw. 0,1 Prozent. Die WLAN-Signale der Endgeräte (Smartphone, Tablet, Laptop) hat er weggelassen! Anders in seinem für den Kanton Zürich verfassten Bericht vom März 2016: da sind die Endgeräte im Messwert enthalten. So kommt er dort immerhin auf 5 Prozent WLAN- Dosisanteil. Warum das aber immer noch viel zu tief ist, wird nachstehend begründet:
Röösli misst in seinen Studien den Mittelwert der Strahlung. So will es das thermische ICNIRP- Dogma. Das von ihm eingesetzte, an der ETH neu (!) entwickelte Dosimeter kann nur Mittel- werte messen. Es ist daher völlig ungeeignet zur Messung der WLAN-Suchsignale (Beacon) von Smartphones, Tablets und Laptops. Denn auf je- des kurze, scharfe, mit voller Leistung gesendete Beacon-Signal folgt eine längere Pause bis zum nächsten. Der Mittelwert „verschmiert“ nun die vereinzelten Signalspitzen über die ganze Mess- dauer. So wird der Messwert scheinbar extrem tief. – Elektrosensible wissen es besser: Ein in der Nachbarwohnung herumliegendes, einge- schaltetes Smartphone mit aktiviertem WLAN genügt, dass die Nacht praktisch ohne Schlaf ist.
Dazu kommt, dass der – biologisch relevante – Spitzenwert bei den meisten Mobilfunkstrah- lungsarten (3G, 4G, DECT, WLAN) den Mittel- wert grössenordnungsmässig 10- bis 100-mal übersteigt. Das WLAN-Standby-Signal (Beacon) der Access Points gehört dabei zu den Signal- arten mit dem grössten Unterschied. Röösli unterschätzt deshalb nicht nur die Beacons der Endgeräte massiv, sondern auch die Beacons der Access Points (Router; Modems).
Und schliesslich werden diese bereits viel zu tiefen Mittelwerte in der Auswertung und Auf- bereitung des Datenmaterials weiter zu statisti- schen Durchschnittswerten heruntergebügelt.
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Übrig bleibt eine messtechnisch verfälschte, statis- tisch gesiebte und geglättete Aussage, die mit der Realität wenig zu tun hat. – Richtig wäre demge- genüber, Orte mit starker WLAN-Belastung gezielt aufzusuchen und zu dokumentieren. Beispiele: Schulklassen im IT-gestützten Unterricht; Büroar- beitsplätze mit WLAN-, Bluetooth- und DECT-Be- lastung; Einkaufszentren mit Gratis-WLAN....


















































































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