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Gigaherz.ch 92. Rundbrief Seite 2
Swisscom plant strahlende Zäune
Strahlende Zäune entlang den Bahnlinien sollen bessere Internet- und Telefonverbindungen für handysüchtige Bahnpassagiere und höhere Gewinne für die Mobilfunkbetreiber erbringen.
von Hans-U. Jakob Schwarzenburg, 21.5.2015
 Swisscom plant zu Versuchszwecken einen 7km lan- gen strahlenden Zaun zwischen Münsingen und Utti- gen im Aaretal zwischen Bern und Thun. Kostenpunkt 3.6Millionen.
Ein strahlendes Kabel soll einseitig entlang den Bahn- geleisen auf 1 bis 1.5m über Boden, entweder an Pfosten im Abstand von 5m oder an bestehenden Lärmschutzwänden aufgehängt werden. Das strah- lende Kabel ist vom Typ Leaky-Feeder-Kabel. Dieses erhält alle 550m zwecks Aufrechterhaltung der Strah- lungsleistung einen Verstärker. Diese 550m bilden dann eine sogenannte Funkzelle. Wir haben es also praktisch mit flach liegenden Antennen in der Länge von 550m und 1-1.5m über Boden zu tun.
Swisscom schreibt, das Kabel habe 6cm Durchmesser und sehe aus wie ein Gartenschlauch zur Bewässe- rung des Gartens. Was Swisscom jedoch nicht schreibt ist, dass dieser „Gartenschlauch“ alle 2cm ein Löchlein hat, aus welchem es wie aus einer Düse ganz nett in Richtung Bahnwagen spritzt, beziehungsweise strahlt. Leaky-Feeder-Kabel heisst übersetzt denn auch le- ckes Speisekabel. Die Richtwirkung sei allerdings nicht besonders gross,
steht in den tech- nischen Beschrei- bungen. So dass es auch hinten hinaus beachtlich leckt bzw. strahlt.
Pro Strahlungskabel-Länge von 550m soll die Sende- leistung angeblich weniger als 6Watt ERP betragen und keine strahlungstechnische Beurteilung benöti- gen. Was wir von Gigaherz allerdings nicht glauben und deshalb vorsorglich Einsprache erhoben haben. Denn Swisscom schreibt nicht, ob sich diese abge- strahlte Leistung von 5Watt ERP auf 1, 5, 10, 100 oder gar 550m Kabellänge beziehen. Das ist natürlich für die angrenzenden Bewohner der Dörfer von aus- schlaggebender Bedeutung.
Die Kopf- und Überbrückungsantennen
Überall dort, wo der strahlende Zaun unterbrochen werden muss, z.B. an Bahnhöfen, Bahnübergängen, Brücken usw., wird die Verbindung über kleine Anten- nen aufrechterhalten, die an den Fahrleitungsmas- ten aufgehängt werden. Das sind Stabantennen bei Einzelmasten oder Sektorantennen in der Mitte von Fahrleitungsträgern, die beide Geleisespuren über- spannen. Diese Überbrückungsantennen haben eine Sendeleistung von 40 bis 100Watt ERP. Interessant
dabei ist, dass das Bundesamt für Verkehr bei GSM- R-Projekten der SBB stets beharrlich behauptet, das Aufhängen von kleinen Mobilfunkantennen an Fahr- leitungsmasten sei rein bautechnisch nicht möglich. Man müsse separate Masten in die Dörfer hineinstel- len. Und hier geht das jetzt plötzlich!
In den Bahnhöfen Münsingen, Wichtrach, Kiesen und Uttigen werden die Standorte der Überbrückungsan- tennen gleichzeitig noch als Standorte für die Kopf- antennen genutzt. Kopfantennen bewerkstelligen die Verbindung der strahlenden Zäune von und nach dem „normalen“ Mobilfunknetz und weisen Sendeleistun- gen von 320 bis 635Watt ERP pro Sektor auf, was bei den nächstliegenden Anwohnern E-Feldstärken bis zu 3.4V/m bedeutet. Dies wiederum wird von Gigaherz. ch in ihrer Einsprache beanstandet, weil das bereits im gesundheitsschädigenden Bereich liegt.
Bauvorhaben erfordert Ausnahmebewilligungen
Z.B. Bauen ausserhalb Bauzone, Bauen in Waldnähe, Bauen im Gebiet der Landschaften von nationaler Bedeutung, Bauen in Gewässerschutzzone usw. usw. Zur Erlangung der zahlreichen Ausnahmebewilligun- gen führt Swisscom an, bei der Durchdringung der Wände und Fenster der Eisenbahnwagen werde die dort schon sehr schwach ankommende Funkstrah- lung nochmals um Faktor 1000 abgeschwächt, was angeblich zu zahlreichen Abbrüchen der Funkverbin- dungen zu den Handys und PC’s der Bahnreisenden führen soll.
Diese Standortbegründung zum Bauen ausserhalb der Bauzone ist jedoch unbrauchbar. Laut Pressemit- teilung von SBB-CEO Andreas Meyer vom Oktober 2013 sollen nämlich im Fernverkehr bis spätestens Ende 2014 und im Regionalverkehr bis Ende 2020 alle Wagen mit Signalverstärkern, sogenannten Re- peatern, ausgerüstet sein, um den Daten- und Ge- sprächsverkehr von und mit den Passagieren we- sentlich zu verbessern, resp. zu beschleunigen. Die SBB wollen dabei den Passagieren nicht etwa nur Gratis-WLAN zur Verfügung stellen, sondern auch noch kostenpflichtige Verbindungen zu den Basis- stationen (Mobilfunkantennen) der Netzbetreiber Swisscom, Sunrise und Salt entlang den Bahnlinien. Bei der Ausrüstung der Bahnwagen mit Repeatern fällt der Dämpfungsfaktor auf Null resp. 1 zurück. Die Standortbegründung der Swisscom für ihr Bau- vorhaben entlang der Bahnlinie Münsingen-Uttigen entfällt somit gründlich. Was zu einem weiteren Ein- sprachegrund durch Gigaherz.ch führte.
 


















































































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