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Gigaherz.ch 91. Rundbrief Seite 3
 Bei den Baubewilligungsbehörden für Mobilfunkanlagen besteht ein katastrophaler Mangel an Fachwissen.
von Hans-U. Jakob, Schwarzenburg, 16. Januar 2015
In den meisten Kantonen der Schweiz entscheiden über die Baugesuche der Mobilfunkbetreiber in erster Instanz die Bauverwalter oder Bauverwal- terinnen der Gemeinde. Entweder zusammen mit dem zuständigen Gemeinderatsmitglied (Ressort- leiter) oder dem Gesamtgemeinderat. In kleine- ren Gemeinden, die keine eigene Bauverwaltung führen, entscheiden die Regierungsstatthalter des Amtsbezirks oder im Kanton Freiburg die Ober- amtmänner. Oberamtfrauen gibt es noch keine.
Anspruchsvolle Standortdatenblätter
So ein Baugesuch besteht nebst den Bauplänen noch aus einem ca. 30-seitigen Standortdaten- blatt, aus den Antennendiagram-
men und einem Übersichtsplan (Grundbuchauszug im Masstab
nendiagramme unerlaubte Hüllkurven enthielten.
Wie soll ein Regierungsstatthalter oder Oberamt- mann in den Antennendiagrammen unerlaubte Hüllkurven erkennen, wenn er nicht einmal weiss, was ein Antennendiagramm überhaupt ist.
Im geschilderten Fall haben die Einsprechenden einfach neue Standortdatenblätter ohne Anten- nendiagramme erhalten. Die Reklamation beim Oberamt ergab, man wisse überhaupt nicht, wo- von da gesprochen werde.....
Arg ins Schleudern geraten Baubewilligungsbehör- den der unteren Instanzen, wenn die Baueinspra- chen der Anwohner mit Hilfe der NIS-Fachstelle von Gigaherz geschrieben wurden. Da stehen meist Fachausdrücke drin, von welchen sie noch nie im Leben
etwas gehört haben.
Mit Ausdrücken wie Sektoran- tennen, Mehrbandantennen, Antennengewinn und dem Un- terschied von der Eingangs- zu der abgestrahlten Leistung einer
Antenne oder von Dämpfungsfaktoren horizontal und vertikal oder der Gebäudedämpfung, sind sie hoffnungslos überfordert.
Und spannend wird es, wenn sie beweisen sollten, dass mit Messeinrichtungen, die mit Ungenauig- keiten von ±45% behaftet sind, Abnahmemessun- gen an OMEN durchführen lassen sollten, die nur gerade 1% unter dem Grenzwert liegen.
Unsubstanziierte Einsprachen
Da werden die einen dann echt hässig und geben in den Einsprache-Abweisungen zu Papier, die Vor- bringungen der Einsprechenden seien unsubstan- ziiert. Das „unsubstanziiert“ kommt immer da, wo es eigentlich heissen sollte: „Davon habe ich doch keine Ahnung.“
Es kommt tatsächlich vor, dass Regierungsstatthal- ter nicht in der Lage sind, die Sendeleistungen in Watt von 3 Antennen zu addieren, die in dersel- ben Richtung strahlen. Nicht dass sie etwa nicht in der Lage wären drei 4-stellige Zahlen zusammen- zuzählen. Nein, sie wissen schlicht nicht, welche
1:1000) mit eingetragenen Sen-
derichtungen und eingetragenen
Orten empfindlicher Nutzung
und dem eingetragenen Anla-
genperimeter. Bei Baugesuchen
ausserhalb der Bauzonen kom-
men noch Netzabdeckungskar-
ten hinzu, die beweisen sollen, dass nur gerade dieser und ja kein anderer Standort, etwa inner- halb einer Bauzone, in Frage komme.
Begreiflicherweise hört das Mobilfunk-Fachwissen eines Bauverwalters oder Gemeinderates gleich nach den Bauplänen auf. Mit den Standortdaten- blättern können die Meisten gar nichts anfangen und mit den Antennendiagrammen noch viel we- niger. In einem Gesamtgemeinderat mag es hie und da vorkommen, dass eine/r noch gerade den Hauch einer Ahnung hat, um was es gehen könnte. Katastrophal sieht es jedoch auf den Regierungs- statthalterämtern resp. Oberämtern aus, wo völ- lig praxisfremde Juristen das Sagen haben. Diese können meistens 200 Bundesgerichtsurteile aus- wendig zitieren, aber was ein Antennendiagramm ist, und wozu man das benötigt? Keinen blassen Schimmer!
Was bitte sind denn Hüllkurven?
Das ist mitnichten eine Übertreibung. Hat doch da kürzlich das Bundesgericht ein Antennenprojekt an das Oberamt zurückgewiesen, weil die Anten-
„Unsubstanziiert“ heisst es immer dort, wo es eigentlich heissen sollte: „Davon habe ich doch keineAhnung.“





































































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