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Gigaherz.ch 89. Rundbrief Seite 5
Neuartige Antennen passen nicht zum bisherigen Rechenverfahren
Wichtige Mitteilung für unsere Messtechniker betreffend steuerbaren Mobilfunkantennen mitgeteilt von André Masson, 10. Juli 2014
 Sunrise/Huawei haben in Langenthal ein Antennen- projekt ausgeschrieben mit neuartigen Antennen. Diese bestehen aus zwei vollständigen Strahlersys- temen nebeneinander. Genaueres Hinschauen lohnt sich: Das Antennen-Paar lässt den Hauptstrahl jetzt auch seitlich ablenken, d.h. den (ev. mobilen) Teilneh- mern nachfolgen. Die Konsequenzen für die rechne- rische und auch messtechnische Bestätigung dafür, dass in den Wohnungen die gesetzlichen Grenzwer- te eingehalten werden, sind noch unabsehbar.
Neuartige Antennen passen nicht zum bisherigen Rechenverfahren.
Die Antennen (Kathrein 80010826) be-
stehen aus zwei bisherigen Systemen,
montiert nebeneinander in einem über-
breiten Gehäuse, mit total acht Kabelzu-
führungen pro Sektor. In jedem Sektor
sind damit zwei unterschiedliche Verti-
kalwinkel gleichzeitig möglich. Neu ist
es jetzt auch möglich, die Kompassrichtung der Ab- strahlung ferngesteuert zu verändern. Das wird im Standortdatenblatt der Langenthaler Antenne al- lerdings nicht deklariert. Jede Wohnung, die knapp weniger Strahlung erhält als erlaubt, kann auch oberhalb der Grenze liegen, sobald der Hauptstrahl zum fraglichen Ort zeigt.
Die Ablenkung des Strahles wird ermöglicht durch eine zeitliche Verzögerung der Signale zwischen der linken und der rechten Hälfte. Das kann elektronisch und schnell erfolgen, d.h. ohne langsamen Motor, wie er im Fall der Vertikal-Fernsteuerung üblich ist. Folgen bei GSM die einzelnen
Die Abstrahlung bei zwei Abstrahlzentren ändert sich drastisch: auch in der Horizontalebene gibt es jetzt Haupt- und Nebenkeulen, gleich wie im Ver- tikaldiagramm. Nichts dergleichen ist im Standort- datenblatt der Langenthaler Antenne ersichtlich. Ohne korrekte Antennendiagramme lässt sich die Belastung in den umliegenden Häusern nicht ermit- teln.
Die neuen Antennen vermasseln auch das bisheri- ge Verfahren zur Messung.
Schon lange ist klar, dass sich mit Messgeräten mit
± 45% Fehler nicht entscheiden lässt, ob die Feldstärke bei Familie XYZ nun 4.96 V/m oder 5.01 V/m beträgt, denn dieser Unterschied beträgt nur 1%. Jetzt wird die Messung bei seitlich herumtanzen- dem Hauptstrahl nochmals erschwert bis verunmöglicht. Bei der GSM-Technik galt der BCCH-Kanal als zeitlich kons-
tant, seine Feldstärke am Ort der Messung wurde gebraucht, um auf volle Leistung aller Gesprächs- kanäle hochzurechnen. Die Seitensteuerung bringt jetzt alles durcheinander: Das BCCH-Signal und auch die Gesprächskanäle könnten bei anderer An- tennensteuerung viel stärker werden als zum Zeit- punkt der Messung.
Technologie-neutrale Netze
Bisher wurde im Standortdatenblatt angegeben, in welchen Frequenzbereichen welche Technik an- gewendet wird. So waren die Verfahren GSM (900 MHz und 1800 MHz) und UMTS (2100 MHz), die je-
weils anders gemessen werden, in den Frequenzen schön für sich getrennt. Neu ist diese Trennung hinfällig, die Mobilfunkfirmen müssen nicht mehr fix deklarie- ren, wo sie was abstrahlen. Es wird pro Frequenzband bloss
eine pauschale Abstrahlleistung deklariert.
So kann im Bereich 900 MHz zuunterst per GSM gesendet werden, weiter oben mit UMTS und zu- oberst nochmals mit GSM – und diese Aufteilung kann sich wöchentlich oder auch im Verlauf der Tageszeit immer wieder ändern. Wie soll der Mess- techniker entscheiden, ob die Grenzwerte bei der
 Gesprächs-Blöcke kurz hinter-
einander, so bedient die Anten-
ne das Quartier in einer schnel-
len Zick-Zack-Bewegung – und
erreicht für jeden Teilnehmer
einzeln die besten Signalwerte.
Stichworte zur Suche im Internet: Smart Antennas, Beamforming, MIMO. Zum Vergleich: Die Radar- fläche eines neuen Kriegsschiffes bewegt sich nicht mehr – durch geschickte zeitliche Verzögerungen der unzähligen Teilstrahler kann der Radarstrahl schnell in beliebige Richtungen gelenkt werden („phased ar- ray“).
Glich das Messverfahren bisher einer Nebelwanderung, so wird es jetzt zur
Nebelwanderung bei Nacht.


































































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