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Gigaherz.ch 89. Rundbrief Seite 11
Swissgrid-Debakel in Lauerz (SZ)
Teilverkabelung Lauerz auf bestehendem Trassee nicht machbar, betitelte die neue Hochspannungsnetzgesellschaft Swissgrid ihre Pressemitteilung vom 18.7.2014 und erst weiter unten im Kleingedruckten: Eine neue Freileitung leider auch nicht mehr.
von Hans-U. Jakob, 1. August 2014
 Kämpfer für eine Erdverkabelung der 380 kV-Salz- burgleitung fragten besorgt, was denn da jetzt wie- der los sei. Ich war bei diesem Fall von Beginn weg als Sachverständiger dabei und kenne ihn sehr gut.
Es handelt sich um den Komplett-Ersatz einer 60-jäh- rigen 230 kV-Leitung auf dem Teilstück Ingenbohl- Lauerz, die gleichzeitig auf 380 kV hochgerüstet werden soll. Ohne Beizug eines Rechtsanwaltes ha- ben die Einsprecher klar gewonnen: erstmalig in der Schweizergeschichte hat am 8. März 2011 das Bun- desverwaltungsgericht eine neue Hochspannungs- Freileitung durch ein Landschaftsschutzgebiet nicht nur verboten, sondern auf Grund neuer Technologi- en eine Bodenverkabelung geradezu verlangt.
Aus den Erwägungen des Gerichts ging hervor, dass innerhalb eines Gebietes im Bundesinventar ge- schützter Landschaften von nationaler Bedeutung (BLN) der Mehrpreis für eine Bodenverkabelung überhaupt keine Rolle spiele. Und dass gleichzeitig auch in andern schönen Landschaften eine Erdver- legung zu prüfen sei. Siehe dazu auch www.giga- herz.ch/hochspannungsleitung-mettlen-amsteg/.
Die damals verantwortlichen
Netzbetreiber Alpiq haben über
dieses Urteil dermassen ge-
lacht, dass sie vor lauter Lachen
den Weiterzug an die nächs-
te Instanz, das Schweizerische
Bundesgericht, verpasst haben.
Man muss es dem Bundesge-
richt hoch anrechnen, dass es
sich nicht erweichen liess und auch künftig für Mil- liardenkonzerne die gleichen Fristen gelten werden wie für Bergbauern.
Bodenverkabelung nicht auf bestehendem Trasse
Tatsächlich war in diesem Gerichtsverfahren über- haupt nie die Rede davon, eine Bodenverkabelung auf der bestehenden Freileitungstrasse in Betracht zu ziehen. Zu erkennen, dass das in einem Gebiet mit etlichen nahezu senkrechten Felswänden nicht geht, genügt ein kleines bisschen gesunder Men- schenverstand.
Wir hatten jedoch vorgeschlagen, die Verkabelung unter oder neben der bestehenden Autobahn auf der gegenüberliegenden Seeseite vorzunehmen,
die durch wesentlich ebeneres Gelände verläuft. Auch bestand damals ein Projekt, die zu erneuern- de Bahnlinie (NEAT) zusammen mit der Autobahn in einen Tunnel zu verlegen. Ergo hätte man die neue 380 kV-Leitung gleich dort hinein verlegen können. Als ich anmerkte, hier hätten sie dann die Tiefbau- arbeiten quasi gratis, erntete ich nur Hohngelächter.
Das Problem war nämlich, dass Alpiq resp. Swiss- grid die neue Leitung bereits von beiden Seiten an das besagte Landschaftsschutzgebiet herangebaut hatten. Wenn sie nun auf die gegenüberliegende Seeseite ausweichen würden, müssten 4 km neu er- stellte 380 kV-Leitung wieder abgebrochen werden.
Auf gut Schweizerische Art hat Swissgrid erst ein- mal 3 Jahre lang getrotzt und nichts gemacht. Letzten Sommer nun ist ein grosser Teil der beste- henden alten Leitung hangabwärts gerutscht und drohte zu reissen. Mit zwei fast 70 m hohen Not- masten auf gewaltigen Fundamenten und mit rie- sigen Abspannisolatoren musste das Rutschgebiet überspannt werden. Die Leitung ist jetzt über eine Länge von 1000 m frei hängend. Was mitten in ei-
nem Landschaftsschutzgebiet fürchterlich aussieht.
Mittels eines wissenschaftli- chen Gutachtens wollte sich Swissgrid eine Freileitung er- zwingen. Die Geologen haben inzwischen aber zugeben müs- sen, dass eine Freileitung infol-
ge der grossen Gefahr von neuen Hangrutschungen und infolge Erdbeben-Unsicherheit auch nicht geht.
Wären die Helden der Freileitung bereits vor 6 Jah- ren auf unsere Vorschläge eingegangen, könnten sie die neue Bodenverkabelung demnächst feierlich einweihen und sich gegenseitig schulterklopfend und bauchpinselnd als Pioniere feiern lassen.
Was sie zur Zeit feiern können, ist ihr 6-jähriges Rie- sendebakel. Denn der Durchleitungsvertrag mit den neuen Notmasten läuft bereits am 15. Mai 2015 aus. Von da weg müssen sie für jeden Monat hap- pige Konventionalstrafen entrichten. Und ich? Ich habe wieder einmal so laut und so lange gelacht, dass meine Frau besorgt das Bürofenster schloss um die Nachbarn nicht zu erschrecken.
 






































































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