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Gigaherz.ch 88. Rundbrief Seite 2
 Mobilfunkantennen in Wohnzonen müssen einen engen Bezug zu der Zone aufweisen in welcher sie erstellt werden und müssen im wesentlichen Bauzonenland abdecken. (Art. 22 Abs. 2 lit. a des Raumplanungsgesetzes, SR 700, abgekürzt RPG). Um diesen Grundsatz futierten sich bis anhin praktisch sämtliche Baubewilligungsbehörden in Gemein- den und Kantonen. Jetzt greifen einige kantonalen Verwaltungsgerichte endlich durch. Zwei Beispiele, bei denen die NIS-Fachstelle von Gigaherz die Be- schwerdeführer beraten hat:
Mangelnde Zonenkonformität in Ifwil TG ...
den Anwohnern eine Spesenentschädigung von Fr. 450.- zusprach. Zu bezahlen durch die Baugesuch- stellerin Swisscom, welche auch sämtliche Gerichts- kosten der Vorinstanzen übernehmen muss. Die Kostenvorschüsse in der Höhe von einigen Tausend Franken werden den Beschwerdeführenden zurück- erstattet.
... und in Wohlen AG
In Wohlen wollte die Swisscom drei Fliegen mit ei- ner Klappe schlagen und von einem kleinen Wohn- quartier aus gleich zwei Industriezonen, eine Land- wirtschaftszone sowie eine Hauptverkehrsachse von
Im kleinen Weiler Ifwil in der Ge-
meinde Balterswil-Bichelsee im
Kanton Thurgau sollte eine kleine
Dachantenne durch einen Sende-
mast von 21m Höhe und 4 mal
höherer Sendeleistung als bisher
ersetzt werden. Die neue Anlage
sollte nicht nur den 0.08 km2 um-
fassenden Weiler abdecken, son-
dern ein Landwirtschaftsgebiet
von 2.4 km2 mitsamt den darin
enthaltenen Hauptverkehrsstras-
sen und vor allem der IC-Bahnlinie
Zürich-St.Gallen. Zudem sollte
auch noch der Handy-Empfang in den zwei Nachbar- ortschaften Guntershausen und Eschlikon verbes- sert werden.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau ist nun der Argumentation der beschwerdeführenden An- wohner gefolgt und bestätigte, dass hier weder der nötige Bezug zu der Zone, in welcher die Antenne errichtet werden solle, bestehe, noch dass diese im Wesentlichen Bauzonenland abdecke.
In der Vorinstanz hatte die kantonale Baudirektion noch behauptet, weil die Strahlung an der Zonen- grenze von Ifwil nicht Halt machen könne, sei die Antenne trotzdem in erster Linie für den Weiler Ifwil mit seinen 35 Häusern bestimmt. Ebenfalls nichts wissen wollte die Vorinstanz, dass der Anblick der Monsterantenne das Bild des in der Nähe stehen- den, denkmalgeschützten Thurgauer Riegelhauses schwer störe. Die Vorinstanz hatte sich sogar gross- zügig über ein Gutachten der kantonalen Denkmal- pflege hinweggesetzt.
Das muss wohl die kantonalen Verwaltungsrichter so in Rage gebracht haben, dass diese erstmals in der Geschichte des Schweizerischen Mobilfunkwesens
Bahn und Strasse abdecken.
Auch hier kassierte das kantonale Verwaltungsgericht den vorins- tanzlichen Entscheid der Bau-, Ver- kehrs- und Umweltdirektion des Kantons; nicht nur wegen man- gelnder Zonenkonformität, son- dern weil überhaupt keine Ersatzs- tandorte geprüft worden seien.
Durch ein neues kantonales aar- gauisches Baugesetz sind nämlich Gemeinderäte jetzt verpflich- tet, nach besseren Standorten Ausschau zu halten und die Mo-
bilfunkbetreiber sind dann ihrerseits wiederum verpflichtet, entweder einen Ersatzstandort anzu- nehmen oder mittels gerichtstauglichen Netzabde- ckungskarten zu beweisen, dass nur der von ihnen gewählte Standort in Frage komme und alles andere funktechnisch nicht möglich sei.
Über diese neuen Bestimmungen, aufbauend auf dem kantonalen Einführungsgesetz zum Umwelt- recht EG UWR §26, hatten sich sowohl der Gemein- derat von Wohlen als auch der Regierungsrat des Kantons Aargau ziemlich arrogant hinweggesetzt, in- dem sie erklärten, die Swisscom werde schon wissen, wo sie ihre Antennen aufstellen müsse und das Pro- jekt sei zu bewilligen. Punkt. Auf die Argumente der Anwohner mochte man schon gar nicht eintreten.
Es braucht schon viel, dass ein Verwaltungsgericht eines Industriekantons die Vorinstanzen dermassen massregelt, wie das in Wohlen geschah. Erstmals in der Schweiz wurden in Sachen Mobilfunk ein Ge- meinderat und ein Regierungsrat dazu verdonnert, die halben Gerichtskosten zu bezahlen. Norma- lerweise gehen Fehlentscheide voll zu Lasten der Staatskasse, ausser bei groben Verstössen.
Lichtblicke
Die kantonalen Gerichte greifen endlich durch von Hans-U. Jakob, Schwarzenburg, 14. April 2014
 Der Gartenzwerg, wie der NIS-Fach- stellenleiter von Gigaherz etwa auch genannt wird, beim Studium der Ge- richtsurteile.


































































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