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Gigaherz.ch 88. Rundbrief Seite 17
Weiterhin Wahrsagen und Kaffeesatzlesen bei Abnahmemessungen an Mobilfunk-Basisstationen
von Hans-U. Jakob, Schwarzenburg, 25. Juni 2014
 Das zuständige Bundesinstitut METAS will bei amtlichen Mobilfunk-Abnahmemessungen wei- terhin Unsicherheiten von ±45% zulassen. Ob das Bundesgericht das schlucken wird, steht vorläu- fig noch auf einem andern Blatt.
Die Anwohner einer geplanten Mobilfunkanlage in Murten schrieben in ihrer Baurechtsbeschwerde vom 17.12.2012 an das Schweizerische Bundesge- richt sinngemäss Folgendes: An allen Orten emp- findlicher Nutzung, wo der Anlagegrenzwert rech- nerisch zu mehr als 80% ausgeschöpft sei, müsse laut gängiger Gerichtspraxis spätestens 180 Tage nach Inbetriebnahme von einer akkreditierten Messfirma mit einer sehr teuren Messeinrichtung nachgemessen werden, ob die berechneten Wer- te stimmen. Diese ausserordentlich kostspieligen Messverfahren dürfen jedoch Ungenauigkeiten bis zu ±45% aufweisen.
Dazu beantragten die Anwohner auf Anraten von Gigaherz dem Bundesgericht: „Das Urteil der Vorinstanz ist an diese zurückzuweisen mit der Aufforderung, den mathematischen (nicht den ju- ristischen) Nachweis zu erbringen, dass die Anlage- grenzwerte an den OMEN 2, 5, 7 und 8 mit Mess- geräten gemessen, die unter Umständen bis 42% zu wenig anzeigen, eingehalten werden. An OMEN 5 beträgt zum Beispiel der errechnete Strahlungs- wert 4.97V/m bei einem Anlagegrenzwert von 5V/m.“
Im Urteil 1C_661/2012 vom 5. September 2013 schreibt das Bundesgericht: „Sollte es mit moder- nen Messeinrichtungen und Techniken möglich sein, die Messunsicherheit deutlich zu verringern, müsste deren Verwendung in der Baubewilligung vorgeschrieben werden.“ Mit diesem Satz wurde das Baugesuch Schützenmatte Murten für ungül- tig erklärt und zur Abklärung an die Vorinstanz zu- rückgewiesen. Sämtliche Kosten wurden den Bau- gesuchstellern aufgebürdet. Deutlicher hätte sich das Bundesgericht wohl kaum noch ausdrücken können.
Ein Gartenzwerg gewann gegen 68 Anwälte
Das ging doch nun wirklich zu weit! Ergo wurde das Bundesgerichtsurteil von sämtlichen Baubewilli- gungsbehörden vorerst einmal gehörig ignoriert und am laufenden Band neue Mobilfunk-Basiss-
tatonen bewilligt, deren berechnete E-Feldstärke bei den betroffenen Anwohnern oft weniger als 1% unter den erlaubten Anlage-Grenzwerten von 5 resp 6V/m lagen.
Siehe unter www.gigaherz.ch/68-anwaelte-gegen-einen- gartenzwerg/ und www.gigaherz.ch/1c_6612012-ein- bundesgerichtsurteil-wird-ignoriert/
Noch am 28.5.2014 schrieb ein weiterer, von Gi- gaherz beratener Beschwerdeführer dem Bundes- gericht:
„Da bis heute, 9 Monate nach dem Urteilsspruch des Bundesgerichts, immer noch keinerlei Berichte über solche Abklärungen vorliegen und auch nicht irgendwo in Aussicht stehen, ist auch das vorliegen- de Projekt abzulehnen oder zumindest zu sistieren. Wer im Jahr 2014 noch behauptet, die akkredi- tierten Messfirmen seien in der Lage, zuverlässige Abnahmemessung auszuführen, obschon diese le- diglich eine Genauigkeit von ±45% aufweisen, dis- qualifiziert sich gleich selbst. Besonders deshalb, weil im vorliegenden Projekt Werte gemessen wer- den müssten, die nur 2.5% unter dem Anlagegrenz- wert liegen.“
Bild oben: Zur Zeit werden hunderte von Basisstati- onen (Mobilfunkantennen) gebaut in deren Umge- bung der berechnete Strahlungswert oft nur 1-2% unterhalb des Erlaubten liegt. Im hier gezeigten Projekt beträgt der Anlage Grenzwert 6V/m (Volt pro Meter). Mit Messeinrichtungen deren Unsi- cherheit bei ±45% liegt, möchten die Behörden die Einhaltung der Grenzwerte garantieren. Ob das nun Hokus-Pokus oder Schweizer Präzision ist, wird das Bundesgericht erneut zu entscheiden haben.
 




















































































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