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Gigaherz.ch 87. Rundbrief Seite 12
 Kein Handy-Empfang – Feuerwehrkommandant verpasst Alarm
Ein Kommentar zu einem missratenen PR-Artikel in der Berner-Zeitung vom 25. Februar 2014
von Hans-U. Jakob, Schwarzenburg
Seit März 2011 ist im Berner Mittelland das Po- lycom-Funknetz im Betrieb. Das ist ein separates Funknetz über welches alle Blaulichtorganisatio- nen wie Feuerwehr, Polizei, Sanität, Zivilschutz und sogar die Rettungsflugwacht nicht nur unter sich, sondern auch miteinander über ein und dieselben handlichen Handfunkgeräte kommunizieren kön- nen. Es ist ein Funknetz, das immer und überall läuft, auch dort wo Handys längst den Geist aufge- geben haben.
Davon scheint man bei der Regionalfeu- erwehr Aarberg im Berner Mittelland noch nie etwas gehört zu haben. Oder hat ihr neuer Kommandant, seit Mitte Januar in Amt und Würde und in der Ortschaft Radelfingen wohnhaft, eine dermassen grosse Gedächtnislücke? In der Berner Zeitung vom 25. Februar 2014 beklagte er sich jedenfalls bitter darüber, dass er wegen dem schlech- ten Empfang auf seinem I-Phönchen zu Hause im Ortsteil Detligen einen Alarm verpasst habe. Draussen im Frei- en möge es zwar vielleicht schlecht und recht noch gehen, aber im Innern des Hauses sei Ende der I-Phoniererei.
Vom BZ-Reporter wird weiter gerätselt,
es könnte vielleicht damit zusammen-
hängen, dass über dieselbe Swisscom-
Antenne im Nachbarort Kallnach zu
viele Leute gleichzeitig handysieren
möchten. Gar nicht so schlecht gera-
ten, denn eine UMTS-Antenne kann
wohl pro Sektorantenne ca. 70 Ver- bindungen aufbauen. Diese Zahl fällt
jedoch sehr schnell auf 16 zusammen,
wenn Bildchen oder gar Filmchen, das
heisst, umfangreiche Dateien übertragen werden. Und das passiert im Katastrophenfall immer.
Das muss jede/r Feuerwehrverantwortliche wissen
Auch bei jeder noch so kleinen Katastrophe wird von Gaffern gefilmt, was das Zeug hält. Und selbst- verständlich müssen alle Freunde, Bekannten und Verwandten auf dem Laufenden gehalten werden.
Da hat ein Feuerwehrkommandant nicht mehr die geringste Chance, per Handy von irgendwoher Hilfe anzufordern. Das Selbe ist auch bei Stras- senverkehrsunfällen zu beobachten. Zuerst wer- den mal Filmchen oder Bildchen geschossen und übertragen, bevor es dann vielleicht Einem oder Einer in den Sinn kommt, dass man ja noch die Sa- nität rufen oder allenfalls sogar Erste Hilfe leisten könnte.
Feuerwehren und Rettungsdienste, die sich auf das Handynetz von Swisscom, Sunrise oder Orange verlassen, han- deln grobfahrlässig. Diese Netze sind noch aus einem andern Grund notfall- untauglich: Hand in Hand mit einem Ka- tastrophenfall geht vielfach auch noch ein länger andauernder, grossflächiger Stromausfall einher. Und dabei fallen erfahrungsgemäss nach 30 Minuten auch die Mobilfunknetze aus. Länger reichen die Notstrombatterien in den Basisstationen selten aus, denn es wurde damit gerechnet, dass 98% aller Stromausfälle weniger lang als fünf Mi- nuten andauern.... Das Festnetz dage- gen hat eine Notstrom-Autonomie von 48 Stunden und Polycom eine bis zu 8 Stunden.
Unzuverlässige Schnurlostelefone am Festnetz
Wichtige Organisationen und wichtige Personen aufgepasst: Festnetz-Schnur- lostelefone fallen bei Stromausfall un- verzüglich aus. Sobald die Basis, auf welcher der Mobilteil normalerweise aufliegt, nicht mehr mit Netzstrom ver- sorgt wird, funktionieren eure Schnur-
losen nicht mehr. Da ist es von riesigem Vorteil, noch einen kabelgebundenen analogen Telefon- apparat zu haben, welcher seine Stromversorgung direkt aus dem Kabel-Telefonnetz bezieht. Das ist auch bei einem Brandfall oder bei einem Überfall im eigenen Haus wichtig zu wissen. Ist der Strom schon weg, wenn jemand die Feuerwehr oder die Polizei anrufen will, hat er oder sie riesiges Pech.
  Und wie wäre es mit ei- nem Festnetzanschluss, Herr Kommandant? Da müssten Sie sich nicht in voller Montur stürzen, um draussen vor der Türe dem BZ-Reporter den Aarberger Feuer- wehrmarsch vorzutan- zen. Vielleicht haben Sie das Festnetz ebenso aus ihrem Gedächtnis ver- loren wie das Polycom- Funknetz. Ein solches Problem dürfte ein Feu- erwehroffizier eigentlich nicht haben. Foto: Tanja Maria Lander, BZ 25.2.2014










































































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