Page 3 - 85. Rundbrief
P. 3

Gigaherz.ch 85. Rundbrief - 3. Quartal 2013 Seite 3
 der Ort, wo ich Verdingbub gewesen, nicht der geeignete für meinen weiteren Lebensweg war.
Der Hirntumor
Was noch hinzukam war, dass sich sein Hirntu- mor erstmals bemerkbar machte. Schwindelanfäl- le und Kopfschmerzen wurden zeitweise so heftig, dass er seine Arbeit beim Kanton nicht mehr erbringen konnte und ihm eine Invaliden- rente zugesprochen werden musste. In der Folge zog Walter ins Bernbiet zu guten Bekannten von ihm.
Walter bei Gigaherz
Das war die Zeit, als wir Walter kennen und schätzen lernten. Er war felsenfest davon über- zeugt, dass sein Hirntumor mit der stets zuneh- menden Mobilfunkstrahlung einen Zusammen- hang hatte. Nicht einfach nur so daher geplap- pert, sondern stets mit wissenschaftlichem Mate- rial untermauert. Als ehemaliger Sachbearbeiter in Versicherungsfragen bei der Kantonspolizei war er gewohnt, sich Beweismaterial zu be- schaffen und dieses entsprechend zu werten. Zum Schrecken vieler gut bezahlter Verharmloser und Gesundbeter, welche von den Mobilfunkge- sellschaften losgeschickt wurden, die Bevölke- rung ruhig zu stellen, tauchte Walter immer wie- der an deren Veranstaltungen auf und sprach Klartext. Manchmal schrie er seine Wut und Ver- zweiflung einfach hinaus, indem er die Referen- ten kurzerhand Mörder und Verbrecher titulierte und dem Publikum seine riesige Operationsnarbe von der 14-stündigen Hirntumoroperation vor- zeigte: „Seht her, wenn ihr nicht endlich ver- nünftig werdet, wird es euch bald einmal allen so ergehen!“
Walters Wanderschuhe
Manchmal war es schwierig Walter im Zaum zu halten. Zu gerne wäre er losgezogen, die verhass- ten Antennen selber von den Dächern zu holen.
Weil wir ihm das ausreden konnten, beschaffte er sich kurzerhand eine eigene Kopiermaschine und begann in grossen Serien Flugblätter zu drucken und in der Agglomeration Bern überall dort zu verteilen, wo gerade eine Baupublikation in den Amtsblättern stand. Mit Windjacke und Wander- schuhen versehen, bediente er Tausende von Briefkästen in und um Bern. In seinen Flug- blättern forderte er die Leute auf, Einsprache ge- gen die Bauvorhaben zu erheben. Nie anonym wie die hunderten von feigen Mobilfunkfreaks im Internet und in Leserbriefen, sondern stets mit seinem Namen, seiner Adresse und seiner Fest- netz-Telefonnummer versehen. Die Mobilfunkbe- treiber seufzen noch heute über die bläuensteini- schen Aktionen. „Warum können wir in und um Bern keine einzige Antenne mehr ohne hunderte von Einsprachen bauen?“ war erst kürzlich noch ein Titel in den Lokalzeitungen.
Der Patient
In den letzten 2 Jahren musste Walter auch diese Aktivitäten einstellen. Mit seiner Gesundheit ging es rasant bergab. Der Hirntumor war wieder zum Leben erwacht. An eine weitere Operation war nicht mehr zu denken. Walter musste sogar seine Wohnung aufgeben und ein Zimmer in einem Pflegeheim beziehen. Sein plötzlicher Tod hat uns alle überrascht. Niemand hatte diesen raschen Abschied erwartet.
Walter fehlt uns sehr!
Quellenangabe: Walter Bläuensteins Biografie unter http://www.netzwerk-verdingt.ch und aus vielen persön- lichen Begegnungen zwischen ihm und Hans-U. Jakob. Weitere Angaben zu Mobilfunk und Hirntumoren finden sie unter:
www.gigaherz.ch/1739, www.gigaherz.ch/1773, www.gigaherz.ch/1783, www.gigaherz.ch/1789 und www.gigaherz.ch/1804 oder einfach das Stichwort „Hirntumore“ in die Gigaherz-Suchmaschine eingeben.
 




















































































   1   2   3   4   5