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Gigaherz.ch 85. Rundbrief - 3. Quartal 2013 Seite 17
 Exzesse mit versteckten Antennen
Das Amt für Gemeinden und Raumordnung des Kantons Bern AGR zwingt bernische Gemeinderäte dazu, ihre Bürgerinnen und Bürger arglistig zu täuschen
von Hans-U. Jakob, Schwarzenburg, 8.10.2013
Jede Berner Gemeinde, die versucht, den Wild- wuchs von Mobilfunkantennen in Wohngebieten mittels Anpassung ihres Baureglements in den Griff zu bekommen, erhält vom AGR postwen- dend den Bescheid, dass einschränkende Mass- nahmen, wie beispielsweise das Kaskadenmo- dell, nur für optisch wahrnehmbare Antennen gelten dürfe. Gemeinde-Baureglemente, die die- sen Zusatz nicht enthalten, werden vom AGR kategorisch zurückgewiesen.
lem künftigen Nachbarn werden somit arglistig getäuscht.
Worauf sich das AGR leider (noch) stützen kann: Das vom Bundesgericht abgesegnete Kaskaden- modell sieht vor, dass Mobilfunkantennen in ers- ter Linie in Industriezonen, in zweiter Linie in gemischten Gewerbe/Wohnzonen und erst wenn funktechnisch gar nicht anders möglich, in reinen Wohnzonen erstellt werden dürfen. Lei- der liess sich das Bundesgericht bei seinen Erwä- gungen dazu hinreissen, zu erklären, dass Mobil- funkantennen in der Bevölkerung lediglich ungu- te Gefühle auslöse, die jedoch psychologischer Natur seien. Urteile 1C_449/2011 und 1C_451/2011. Zwei Monate später präzisierte das Bundesgericht, dass die Umgebung von Mo- bilfunkantennen als unsicher und von weiten Teilen der Bevölkerung sogar als Bedrohung empfunden werde. Aber auch hier sprach das Bundesgericht von lediglich unangenehmen psy- chischen Eindrücken. Urteile 1C_51/2012 und 1C_71/2012. Kommentare dazu finden Sie unter www.gigaherz.ch/1787 und www.gigaherz.ch/1797
Hoffnung auf einen Paradigmenwechsel beim Bundesgericht
Der bekannte Bundesrichter, welcher die Inte- ressen der Mobilfunkbetreiber bisher so vehe- ment vertreten hatte, befindet sich jetzt endgül- tig im Ruhestand. Die neuesten Bundesgerichts- urteile in Sachen Mobilfunk tragen bereits nicht mehr seine Handschrift und lassen aufhorchen.
Ferner hat die Schweizerische Rückversiche- rungsgesellschaft Swiss Re in ihrer neuen Risiko- perspektive vom Juni 2013 neben 26 weiteren Risiken auch vor elektromagnetischen Belastun- gen als ein Risiko für die Versicherungswirtschaft gewarnt: http://files.newsnetz.ch/ upload//3/0/30072.pdf. Die möglichen Auswir- kungen werden als schwer betrachtet, der mög- liche Eintretenszeitpunkt auf später als in 10 Jah- ren ab heute eingeschätzt. Die EM-Risiken wer- den auf Seite 12 (PDF-Suche) besprochen.
 Als Kamine getarnte Antennen
Das Bild zeigt eine neue, als überdimensionierter Kamin getarnte Mobilfunkantenne in einem pri- vilegierten, ruhigen städtischen Wohnquartier von Bern. Auf der Dachterrasse, von wo das Bild aufgenommen wurde, betrug die am 3.10.2013 um 15.30 Uhr von Gigaherz gemessene Strah- lung 10V/m und in der Wohnung unterhalb die- ser Dachterrasse noch 6V/m (Grenzwert 6V/m). Der auf den amtlichen Formularen angegebene Wert für die Wohnung (Ort mit empfindlicher Nutzung) war 5.7V/m. Auf der Dachterrasse muss der Grenzwert von 6V/m nicht eingehalten werden, da diese laut gegenwärtiger Rechtslage nicht als Ort empfindlicher Nutzung gilt.
Wegen der angeblich nur optischen Belastung der übrigen Nachbarhäuser und um Schadener- satzforderungen an den Standortvermieter aus- zuschliessen, musste die Antenne versteckt wer- den. Das heisst, alle gegenwärtigen und vor al-






















































































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