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Gigaherz.ch 81. Rundbrief Seite 13
 ten. Offensichtlich sah die Industrie nun aku- ten Handlungsbedarf. Um die Förderung des Projektes, das von den EU-Gutachtern hoch bewertet und zur Finanzierung vorgeschla- gen worden war, zu verhindern, musste die Notbremse gezogen werden. Mit dieser Auf- gabe wurde offensichtlich Lerchl betraut, der als Verteidiger der Interessen der Mobilfunk- industrie erstaunlicherweise zum wissen- schaftlichen Berater der Bundesregierung aufgestiegen war.
Im Mai und August 2008 verschaffte die Be- richterstattung im SPIEGEL auf Lerchls Betreiben dem vermeintlichen Fälschungs- skandal an der Medizinischen Universität Wien die erwünschte öffentliche Aufmerk- samkeit.
Als Lerchls Fälschungsbehauptung vom Rat für Wissenschaftsethik der MUW nicht bes- tätigt wird, klagt er: „Die Selbstreinigungs- kräfte der Wissenschaft, so viel ist klar, wir- ken nicht.“ Nachdem die Herausgeber zweier wissenschaftlicher Fachzeitschriften seiner Aufforderung zur Rücknahme der Publikatio- nen der Wiener Arbeitsgruppe nicht nachge- kommen waren, hält er ihnen Unfähigkeit und Verantwortungslosigkeit vor. Und in sei- nem Büchlein „Fälscher im Labor und ihre Helfer“ ordnet Lerchl dann die Wiener Ar- beitsgruppe ein in die Reihe internationaler Großbetrüger, deren Untaten der Wissen- schaft unsäglichen Schaden zugefügt haben. Um seine Fälschungsbehauptungen noch weiter zu untermauern und den REFLEX- Ergebnissen endgültig den Garaus zu ma- chen, erfindet er die Mär, dass die EU- Kommission die MUW aufgefordert hat, die Fördermittel zurückzuzahlen, nachdem er die Datenfälschung bekannt gemacht hat.
Dass zwei Ethikkommissionen sich erfolglos bemüht haben, die Datenfälschung nachzu- weisen, ist für Lerchl bedeutungslos.
Resümee
Die US-Militärärzte Paul Tyler und Budd App- leton haben Milton Zaret die gesellschaftli- che Anerkennung als Mensch und Wissen- schaftler genommen, indem sie seine Karrie- re mit Aussagen bestochener Zeugen, verba-
lem Rufmord und fabrizierten Forschungser- gebnissen zerstörten. Dass sie sich des Un- rechts ihrer Handlungsweise bewusst waren, kann durchaus angenommen werden. Sie haben damit nicht nur Verrat an der Wis- senschaft geübt, sondern als Ärzte zudem ihren hippokratischen Eid gebrochen. Aber sie können für sich in Anspruch nehmen, dass sie ihrem Vaterland in einer Zeit, in der die Menschheit vor einem dritten Weltkrieg stand, einen großen Dienst erwiesen haben. Im Vergleich zu einer solchen drohenden Ka- tastrophe erschien ihnen ihr Komplott gegen Zaret sicherlich als das weitaus geringere Übel.
Verglichen damit erscheinen Alexander Lerchls Gründe für sein Verhalten ziemlich erbärmlich. Er manipulierte seine For- schungsergebnisse, bis sie den Bedürfnissen einer Mobilfunkindustrie genügten, damit diese weiterhin ihre Gewinne maximieren kann. Sei es mangels Verstand oder aus Skru- pellosigkeit, mit Methoden vergleichbar de- nen der amerikanischen Ärzte versuchte er, Wissenschaftler, deren Ergebnisse von sei- nen Vorstellungen abweichen, als Betrüger darzustellen. Kein Wunder, dass Lerchl, der obendrein wider dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Forschung jedes Risi- ko der Hochfrequenzstrahlung leugnet, von der Mobilfunkindustrie in jeder Weise geför- dert wird. Es kommt jedoch einer Verhöh- nung der Öffentlichkeit gleich, wenn – wie geschehen – ein solcher Mann von der Bun- desregierung in ein Beratergremium berufen wird, das für den Schutz der Bürger vor Mo- bilfunkstrahlung zuständig ist.
Leicht gekürzte Fassung, Original und weitere Quellennachweise auf www.gigaherz.ch/21810
1.Slesin L (2012) Milton Zaret, an “Early Prophet” of Micro- wave Hazards, Dies at 91. In: http://microwavenews.com/ news‐center/mil-tonzaret‐early‐prophet‐microwave‐hazards ‐dies‐91
2.Adlkofer F, Richter K (2011) Über den Umgang mit wissen- schaftlichen Ergebnissen in der Mobilfunkforschung an der Medizinischen Universität Wien. In: http://www.pandora‐ stiftung.eu/downloads/pandora_doku_wien‐i‐und‐ii‐ 2011.pdf
5.Zaret MM, Snyder WZ (1977) Cataracts and avionic radia- tions. British Journal of Ophthalmology 61(6):380‐4 6.Bundesamtfür Strahlenschutz (2008) Zum Schutz der Men- schen –Deutsches Mobilfunk Forschungsprogramm. In: http://www.bfs.de/de/elektro/Folder_DMF.pdf
 





















































































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