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 für Zaret waren jedoch die Verleumdungen, denen er von nun an als Mensch und Wissen- schaftler ausgesetzt war.
Die Kampagne gegen Zaret wurde hauptsäch- lich von den beiden hochrangigen Sanitätsoffi- zieren Paul Tyler und Budd Appleton, die sich als Vertreter des Militärs zuvor mit der Regie- rung und dem CIA abgestimmt hatten, betrie- ben. Unterstützt wurden sie von der gerade aufblühenden Mikrowellenindustrie, die mit der Herstellung und dem Vertrieb von Radar- geräten und Mikrowellenöfen bereits viel Geld verdiente und nun um ihre Geschäfts- grundlage fürchtete. Mobilfunk gab es noch nicht. Die UdSSR hatte mit dem Start des Sputniks gerade gezeigt, was das Land und seine Wissenschaftler im technischen Bereich zu leisten vermögen. Der Kalte Krieg näherte sich seinem Höhepunkt. Das US-Militär war gefordert, alles in seiner Macht zu unterneh- men, um die USA vor der Bedrohung eines dritten Weltkrieges zu schützen. In dieser dra- matischen Situation war der Verzicht auf die Hochfrequenztechnologie ebenso ausge- schlossen wie die Rücksichtnahme auf mögli- che, aber noch keineswegs gesicherte gesund- heitliche Risiken für die Bevölkerung. Den Mi- litärärzten kam die undankbare Aufgabe zu, diese Entscheidung der US-Regierung in der Öffentlichkeit durchzusetzen, ohne das Anse- hen der Regierung zu beschädigen. Sie lösten diese Aufgabe mit Lug und Trug, nicht durch ehrliche Aufklärung der Bevölkerung, die für eine zeitlich beschränkte Nutzung der Hoch- frequenztechnologie im Hinblick auf die Be- drohung des Weltfriedens sicherlich Verständ- nis aufgebracht hätte. Stattdessen zogen sie es vor, Zarets Integrität als Mensch und Wis- senschaftler zu ruinieren und den Bruch ihres hippokratischen Eides, dem sie als Ärzte ver- pflichtet gewesen wären, in Kauf zu nehmen. Zu ihrer Ehre muss jedoch hinzugefügt wer- den, dass sie, auch wenn sie Unrecht taten, im damaligen Interesse der Vereinigten Staaten handelten.
Die REFLEX‐Geschichte
Das US-Militär ignoriert auch heute noch den Stand der internationalen Forschung und geht nach wie vor davon aus, dass Mikrowellen bei
Einhaltung der Grenzwerte für den Men- schen unschädlich sind. Dass diese Vorstel- lung inzwischen von der Mobilfunkindustrie weltweit ohne jede Einschränkung übernom- men wurde und mit allen Mitteln verteidigt wird, obwohl der gegenwärtige Stand des Wissens dies längst nicht mehr zulässt, er- scheint wenig verwunderlich. Der Umgang mit der REFLEX-Studie ist ein typisches Bei- spiel dafür [2]. Dieses von 2000 bis 2004 von 12 Arbeitsgruppen aus 7 europäischen Län- dern durchgeführte und von der Europäi- schen Union finanzierte Forschungsvorhaben war wegen seiner unerwarteten Ergebnisse für die Mobilfunkindustrie und auch für die Politik von Anfang an ein Ärgernis. Zwei For- schergruppen, eine an der Freien Universität Berlin und eine an der Medizinischen Univer- sität Wien, hatten festgestellt, dass sowohl nieder- als auch hochfrequente elektromag- netische Felder ein gentoxisches Potential besitzen. Diese Ergebnisse widersprachen allen Schlussfolgerungen aus dem Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramm (DMF), ins- besondere aber der Zuverlässigkeit der gel- tenden Grenzwerte, die im DMF so vehe- ment verteidigt wird[6] .
Vier Jahre nach Abschluss der REFLEX-Studie kam Alexander Lerchl, Professor an der Ja- cobs University Bremen und inzwischen Mit- glied der Strahlenschutzkommission (SSK) des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), zu der Erkenntnis, dass die Ergebnisse gefälscht seien. Lerchl war beim Studium der Publikati- onen der Wiener Arbeitsgruppe zu folgender dramatischen Schlussfolgerung gelangt: „Die Ergebnisse von Diem et al. waren also in der Tat besorgniserregend. Sollten sie sich bestä- tigen, wäre dies nicht nur ein Alarmsignal, sondern der Anfang vom Ende des Mobil- funk, da DNA-Schäden die erste Stufe zur Krebsentstehung sind.“
Gerade zu dieser Zeit stand bei der EU- Kommission die Entscheidung über die För- derung eines Folgeantrags für die REFLEX- Studie an, in dem die biologischen Wirkun- gen der Hochfrequenzstrahlung nicht mehr in isolierten Zellen im Reagenzglas, sondern direkt am Menschen untersucht werden soll-



























































































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